Teil 6: Augustastraße - Hohenzollernplatz

Augustastraße

Auch diese Straße hat ausschließlich Wohncharakter. Sie verläuft nord-östlich / süd-westlich und kreuzt die Kongressstrasse (nord-östlich) und die Friedrichstraße (süd-westlich). Sie verlängert sich über die Friedrichstraße hinaus bis zur Wilhelmstraße (nicht zum Pfarrgebiet gehörend).

Für die Straßenbezeichnung stand Kaiserin Augusta Pate (Gattin von Wilhelm I., König von Preußen 1858 – 1888 bzw. Kaiser des Deutschen Reichs 1871 – 1888): In Weimar 1811 geboren, wuchs sie als Tochter des Großherzogs Karl-Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach und der russischen Großfürstin Maria Paulowna heran. 1829 ehelichte sie Wilhelm I. und gebar einen Sohn Friedrich, der Nachfolger Wilhelms I. für 99 Tage (Kehlkopfkrebs), und eine Tochter Luise, der späteren Großherzogin von Baden.

Ihr politischer Einfluss auf Wilhelm I. war ambivalent. Einerseits fand sie Unterstützung in ihrer Annäherung an den Katholizismus (sie war Calvinistin), sowie in ihrer Präferenz für Großbritannien und Russland – andererseits lehnte sie die politische Ausrichtung des preußischen Ministerpräsi-denten und 1. Reichskanzler des 2. Deutschen Reichs Otto von Bismarck ab, ohne damit bei Wilhelm I. Gehör zu finden. Auf Grund ihrer liberalen Einstellung nahm die Aversion gegen Bismarck auch persönlich immer mehr zu und kumulierte in Feindschaft und Hass. So verurteilte sie den von Bismarck entfachten Kulturkampf (1871 – 1887), der das Leben der katholischen Bevölkerung stark beeinflusste. Die Schulaufsicht wechselte von der geistlichen in die staatliche Verantwortung, die Behandlung politischer Themen durch Geistliche wurde untersagt (Kanzlerparagraph). Geistliche Orden, soweit sie nicht der Krankenpflege dienten, wurden aufgehoben und die Zivilehe eingeführt.

Auf Anregung Kaiserin Augustes wurde die „Genfer Konvention“ festgelegt, eine Idee des Genfers Henri Dunant: Sie besagt, dass alle Soldaten ohne Ansehen ihrer Staatsangehörigkeit bei Krankheit und Verwundung zu versorgen sind. 1864 trat die Konvention in Kraft.

Im Jahr 1890 starb Augusta. Die Erinnerung an sie fußt auf ihrer toleranten Lebenseinstellung, der in einer Zeit imperialen Machtstrebens nur bedingt Erfolgsaussichten zuteil werden konnten.

 
Hohenzollernplatz

Um einen Platz im engeren Sinne handelt es sich bei der Fläche im nördlichen Teil des Ostviertels kaum. Der Hohenzollernplatz ist vielmehr ein Verkehrsknotenpunkt, auf den 5 Straßen hinführen (Düppelstraße, Josef-von-Görres-Straße, Sedanstraße, Stolberger Straße aus zwei Richtungen). Die Randbebauung ist lückenhaft (nordwestliche Ecke ist unbebaut/unbenutzt und in verwahrlostem Zustand). Pläne zur Bebauung/Gestaltung scheinen sich zu realisieren.

Im Gegensatz hierzu steht der fürstliche Bezug des Namens. Das Geschlecht der Hohenzollern (es stellte von 1871 – 1918 die deutschen Kaiser) stammt aus der schwäbischen Alb und wurde reichs-historisch erstmals 1061 erwähnt. Eine fränkische Hauptlinie der Hohenzollern erlangte 1363 die Anerkennung als Reichsfürsten. 1415 stiegen die Hohenzollern weiter empor und bekleideten fortan die Markgrafschaft von Brandenburg, erhielten damit in Personalunion die Kurwürde, welche mit sechs anderen Reichsfürsten u. A. zur Kaiserwahl berechtigte.

Den steilen Aufstieg verdankten sie dem Burggrafen Friedrich VI., einem energischen Reformer der Mark Brandenburg, die vorher in den Besitz des Deutschen Ritterordens, durch die ständige Abwesenheit des Hochmeisters, gefallen war. Die Mark Brandenburg verblieb von diesem Zeitpunkt an bei den Hohenzollern. Das Gebiet vergrößerte sich ständig nach Osten, so dass der Name Brandenburg nur noch Teil des gesamten Gebietes war und in den Gesamtstaatsverband Preußen aufging, nachdem die dort ansässigen Pruzzen besiegt worden waren. Der Große Kurfürst Friedrich-Wilhelm (1620-1688) bezeichnete sich letztmalig als Markgraf von Brandenburg.

Mit Einführung der Reformation traten die Markgrafen zunächst dem lutherischen Protestantismus bei, um 1613 zum calvinistischen überzutreten. Der Sohn des Großen Kurfürsten ließ sich 1701 in Königsberg zum König von Preußen krönen, um auf diese Weise die Zustimmung des Kaisers Leopold I. zu umgehen. Aber schon sein Nachfolger (der Sohn Friedrich I. / 1688-1713) Friedrich Wilhelm I. (1713-1740, als Soldatenkönig bekannt), bezeichnete sich als König von Preußen, ohne dass Kaiser Karl VI. eingriff.

König Friedrich II. (1740-1786), der Große genannt, erweiterte Preußen mit Schlesien (1763) und Westpreußen (1793) und legte damit den Grundstein für eine europäische Zentralmacht. Auf seinen relativ bedeutungslosen Neffen Friedrich-Wilhelm II. (1786-1797), der zunächst den westlichen Teil Polens (1793) und dann Zentralpolen bis Warschau erhielt (1795), folgte dessen Sohn Friedrich-Wilhelm III. (1797-1840). Unter ihm brach Preußen zunächst völlig zusammen (1806/07) und wurde Satellit Napoleons I., gewann jedoch Ende 1815 mit Großbritannien, Österreich und Russland als Sieger über Napoleon I. erneut Länderzuwachs (nördliches Sachsen, Rheinland und Westfalen, sowie erneut West- und Zentralpolen).

Friedrich-Wilhelm IV. (1840-1861), sein älterer Sohn, zeichnete sich durch eine maßvolle Politik aus. Nach innen gewandt und als „Romantiker“ apostrophiert, musste er das Revolutionsjahr 1848 über sich ergehen lassen und die Zustimmung zu einer ihm aufgezwungenen Verfassung geben. Wegen zunehmender geistiger Probleme musste er 1858 die Regierungsgeschäfte an seinen jüngeren Bruder Wilhelm übergeben, der nach dem Tod des älteren Bruders die Nachfolge als Wilhelm I. antrat. Unter ihm (1861-1888) wurde 1871 als Folge des deutsch-französischen Krieges das 2. Deutsche Kaiserreich im Spiegelsaal von Versailles durch die deutschen Fürsten ausgerufen, dem er als Kaiser vorstand.

Der Tod Wilhelm I. und seines Sohnes Friedrich III. im gleichen Jahr, führte mit Wilhelm II. (1888-1918) den letzten Monarchen der Hohenzollerndynastie auf den deutschen Thron. Seine infantile und arrogante Politik im Konzert der europäischen Großmächte isolierten das Deutsche Reich, führte zum 1. Weltkrieg und schließlich zur Niederlage mit ungeahnten Konsequenzen. Wilhelm II. floh in die Niederlande, wo er 1941 in Doorn starb. In der Folge zog sich das Fürstenhaus Hohenzollern auf seine Stammburg in der schwäbischen Alb zurück. Ihre letzte Ruhestätte fanden die königlichen und kaiserlichen Repräsentanten in „Sans Souci“ in Potsdam.

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